Fahrsicherheitstraining mit den großen, roten Autos
– ein Erfahrungsbericht von Jörg Merker –
Es ist vier Uhr morgens und ich liege wach im Bett. Aus Angst jetzt zu verschlafen bleibe ich leider auch wach. Um halb sechs stehe ich auf, erleichtert, dass es nun los geht. Heute steht es an, das Fahrsicherheitstraining mit den großen, roten Autos der Feuerwehr beim Forschungs- und Technologiezentrum Ladungssicherung (F&T LaSiSe) in Selm. Schon beim Frühstück und der obligatorischen Tasse Kaffee merke ich wie die Anspannung und Nervosität ansteigt. Die Tatsache, dass der Ober-Schleifer Maschinist Thomas mitfährt und Dirk eine zärtliche WhatsApp geschrieben hat („Viel Erfolg und bitte ohne Schäden zurück!“) wirkt sich nicht gerade beruhigend auf mich aus.
Auf geht´s – Sachen packen, Schuhe an, Jacke zu, aufs Fahrrad geschwungen und ab zum Feuerwehrgerätehaus. Da steht er na klar schon, der Oberschleifer, hat seine Einsatzklamotten bereits im LF 10 verstaut und würde auch schon hinterm teuer sitzen, wenn nicht – und ja, da war ich schlau – ich im Vorfeld erwähnt hätte, dass ich den Hinweg fahren werde. Denn so kann ich mich ein wenig ablenken und schon mal mit dem roten Auto vertraut machen. Richtung Selm!?!? – wenn einer von euch das Ende der Erdscheibe sucht = da ist sie, in der Pampa in der Nähe vom Ruhrgebiet. Vor 10 Uhr morgens geht da nicht einmal die Sonne auf, so weit draußen ist das. Garagentor auf, Schlüssel umdrehen und rechts ist Gas (Scherz). Ich fahre natürlich sehr vorschriftsmäßig unter den wachsamen Augen von Thomas aus der Halle in Richtung B54. Der Kamerad Mark aus Burgsteinfurt ist auch da und klemmt sich mit dem zarten Wechsellader hinter uns. Auf dem Parkplatz Höhe Altenberge treffen wir weitere Kameraden, die dieses Event mit ihrem GW-Logistik und LF 20-2 bestreiten werden. Insgesamt sind wir nun zwölf Kameraden auf dem Weg zum Spielplatz für Große. Nach einer guten Stunde Fahrzeit sind wir da und ich bin beeindruckt von der Größe des Geländes. Hier kann ich das Getriebe vom LF 10 bis in den Heavy-Metal-Himmel quälen – nein, wie geil! Zunächst pflegen wir den Grundsatz eines jeden knallharten Kameraden – ohne Mampf kein Kampf. Die Brötchen sind bereits fertig belegt (wir benötigen unsere Kraft noch für die vielen Fahrten) und von den anderen Kameraden mitgebracht worden – vielen Dank Jungs! Es ist halb neun, wir sitzen im Unterrichtsraum, der Fahrausbilder ist auch schon da. Wie sich im Laufe des Tages herausstellt ein sehr cooler Typ namens Hansi mit Entertainer-Charakter, der den Unterricht sehr anschaulich und kurzweilig rüberbringt.
Nach einer kurzen theoretischen Einweisung geht es direkt zur Teststrecke. Das Wetter ist echt mies. Es ist sehr windig und zwischenzeitlich sagt der Regen ebenfalls guten Tag. Das wirkt sich nicht gerade beruhigend auf mich aus. Macht das die Fahrbahn rutschiger? Ist der starke Wind ein einzukalkulierender Faktor?
Als erste Übung fahre ich mit dem LF 10 auf der Teststrecke Slalom innerhalb einer abgesteckten Fläche. Das macht echt Laune. Möglichst knapp an die Markierungen vorbei mit immer höherer Geschwindigkeit. Was Dirk wohl sagen wird, wenn das Auto auf dem Außenspiegel zum Liegen kommt? – Die Befürchtungen sind überflüssig, dieses Auto stellt sich unter allen anderen als das wahre Go-Cart heraus. Bretthart auf der Straße und ein bärenmäßiges Kurvenverhalten. Jetzt kommt der große Spaß = Fahrer- und Fahrzeugwechsel. Thomas und ich stürmen geradezu zum LF 20-2, wo uns Nostalgie pur empfängt: durchgesessene Fahrer- und Beifahrersitze, verschönt mit einer echten Gangschaltung und Kupplungspedal – jauchz!!! Was für ein Kurvenverhalten, der gemeine Feuerwehrmann weiß nicht ob er sich übergeben oder doch noch
den Pilotenführerschein machen soll.
Mir gefällt es super, dass wir ständige Fahrer- und Fahrzeugwechsel haben. So kann ich mir von allen Autos sowohl passiv als auch aktiv ein eigenes (Fahr)Bild machen.
Es folgen Bremsübungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das Gelände ist so weitläufig und wir sind hier alleine. So muss ich auf keinen anderen Rücksicht nehmen und kann alles aus den Fahrzeugen rauskitzeln. Jetzt werden die Elektronikteile auf ihre Haltbarkeit getestet – ESP, ASR, ABS – alles glüht und im Display blinkt viel auf (ich wusste gar nicht, dass so viel auf einmal aufleuchten kann, Matthias – Scherz). Ein Hauch von Weihnachten kommt auf. Das Adrenalin jagt nur so durch meine Adern. Alle anderen sind nicht minder wenig mit Feuereifer dabei. Es herrscht eine gute Stimmung, jeder lauscht dem Erklärten und ist hochkonzentriert. Aber was ist das? – Mein persönlicher Motor stottert, was ist passiert? Ein Blick auf die Uhr beruhigt mich kolossal = es ist schon Mittag und wenn der Vollblutbeamte in Wallung ist werden viele Kalorien verbrannt. Ein Blick in die Runde signalisiert mir, dass es sich um ein Massenphänomen handelt. Also ab zum Unterrichtszentrum zur „Nahrungsaufnahme“. Nach dem Mittag macht Hansi mit uns noch einige Übungen, die uns kontinuierlich für die Abschlussübung „Ausweichen vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis“ vorbereiten. Es ist soweit, die große Abschlussübung, das dicke Ding. Trotz der Kälte wird mir ganz schön warm und der Kreislauf marschiert. Jetzt kommt es darauf an. Hast du dir alles gemerkt? Fuß auf der Bremse lassen, am Hindernis vorbei, Fuß weiterhin auf der Bremse lassen, stabilisieren, lächeln und gut aussehen – nicht vergessen! Ich fahre auf regennasser Fahrbahn, wiederum unter Beobachtung des Ober Schleifer Maschinisten (der die Übung mit Bravour und Lob vom Trainer zuvor hingelegt hat – toll!!) auf die Wassersäule zu und…
…lenke unser Go-Cart LF10 souverän an dem Hindernis vorbei. Ok, ich bin ehrlich, erst nach dem zweiten Versuch. Beim ersten Anlauf war ich noch deutlich zu langsam und bin vor dem Hindernis zum Stehen gekommen.
Zur Abschlussbesprechung verschlägt es uns ein letztes Mal in den Lehrraum, wo jeder von uns eine Siegerurkunde bekommt. Der Rückweg steht an und ich stelle fest = alles richtig gemacht. Der Boss Thomas fährt zurück, ich fühle mich wie in Vaters Schoß, schließe genüsslich die Augen und wache erholt und entspannt kurz hinter Altenberge wieder auf, topp.
Fazit: ein MUSS für jeden Maschinisten, lasst euch den Spaß nicht entgehe